12 Bücher in 12 Monaten. Die wichtigsten Erkenntnisse (mit Jacky Vellguth)

Ein grandioses Unterfangen.
Im Jahre 2016 beschloss Jacky Vellguth, ihren Traum von einer Karriere als Schriftstellerin mit beiden Händen fest anzupacken. Sie wollte sich und der Welt beweisen, dass man 12 Bücher in 12 Monaten schreiben kann – verschiedene Genres, Einzelbände und eine Reihe, keine Vorarbeit, keine Nacharbeit, keine Kompromisse.
Und das hat sie dann auch durchgezogen.
Anne und Eve haben mit ihr über ihre Erfahrungen gesprochen. In diesem Artikel geht es um die fünf wichtigsten Erkenntnisse, die Eve sich während des Interviews notiert hat – die aber bei weitem nicht die einzigen waren.
Wer nach diesem Beitrag mehr haben will, der kann sich jederzeit die Folge anhören. Es lohnt sich!
1. Entscheidungen treffen - und durchziehen
Wenn man einen Roman schreibt, steht man im Laufe des Prozesses vor einer gewaltigen Menge an Entscheidungen. Von dem Genre über Thema und einzelne Plotpunkte bis hin zur Augenfarbe der Protagonistin verlangt alles nach einer Festlegung. Dabei passiert es schnell, dass der innere Kritiker sich einmischt und bereits getroffene Entscheidungen anzweifelt. Oft drängen sich einem mitten im Schreibprozess neue Ideen auf, die ja – so glaubt man – viel besser wären, als jene, die man gerade schreibt. Aber sollte man solchen Eingebungen nachgeben?

Jacky ist nicht der Meinung. Ihrer Erfahrung nach führen andere Entscheidungen nicht zwangsweise zu einer besseren Geschichte – sondern einfach zu einer anderen Geschichte.
Eine Entscheidung ist keine Prüfung. In den meisten Fällen gibt es kein klares „richtig“ oder „falsch", bei dem man sich mit einem Schlag alle Wege verbaut hat. Entscheidungen sind Werkzeuge. Sie reduzieren die Optionen und sorgen dafür, dass wir handlungsfähig werden. Die "richtige" Entscheidung wird sie dadurch, dass wir unsere Zeit und Arbeit hineinstecken, sie zu der richtigen Entscheidung zu machen.
Und damit kommen wir zu unserem nächsten Punkt.
2. Grenzen sind gut
Stell dir vor, du trittst eine Reise an und hast alle Optionen der Welt. Es beginnt schon bei dem ersten Schritt. Norden, Osten, Süden oder Westen? Wenn du hier keine Entscheidung triffst, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du an Ort und Stelle verhungern wirst.
Eine Entscheidung „grenzt“ die Welt der Optionen auf ein überschaubares Minimum ein, mit denen man arbeiten und die man gegeneinander abwägen kann. Deswegen sind Grenzen so wichtig, wenn nicht gar fundamental für Kreativität. Wenn die Architektin den Grenzen der Physik und der menschlichen Bedürfnisse nicht folgen würde, wären ihre Häuser unbewohnbar. Und hätten damit ihren Zweck verfehlt. Ebenso ist es bei Geschichten. Ein Roman, der alle Optionen ausschöpft und keine Grenzen hat, ist im Endeffekt nichtssagend, weil es ihm an Fokus fehlt.
Mit diesen paar Entscheidungen kannst du deine Romanwelt schon so weit eingrenzen, dass ganz andere Ideen entspringen:
Genre? |
Stimmung? |
Happy End oder nicht? |
Reale- oder Fantasiewelt? |
3. Kenn dein Ende vorher

Für viele Autor*innen liegt ein Reiz des Schreibens darin, das Ende ihrer Geschichte nicht zu kennen. „Damit wird es ja langweilig“, argumentieren sie. Jacky sieht das anders. Wenn man sein Lieblingsbuch mehrfach liest, so sagt sie, dann ist man ja auch nicht gelangweilt, weil man das Ende kennt. Im Gegenteil, man liest es häufig wiederholt, gerade weil man das Ende noch einmal erleben möchte.
Wenn man mit einer Deadline schreibt, etwas fertig bekommen möchte, dann ist es ihrer Erfahrung nach unheimlich wichtig, zu wissen, wo man hinwill. Details können sich natürlich noch ändern, aber grob sollte man wissen, in welche Richtung man loslaufen muss, um überhaupt einen Schritt zu gehen.
Wieder eine vorher getroffene Entscheidung, die die Optionen auf ein angenehmes Maß schrumpft.
4. Du kannst alles reparieren
Man kennt die Situation (vielleicht): Die Geschichte ist fertig, man schickt sie an den Lektor und was passiert? Man bekommt ein rotes Blatt zurück.
Da ist der Schock erst einmal groß.
Doch eine wichtige Lektion, die Jacky in den zwölf Monaten gelernt hat, ist diese: Die meisten Fehler sind gar nicht so schlimm, wie man ursprünglich denkt. Viele Dinge lassen sich beheben, ohne, dass man gleich das ganze Manuskript umkrempeln muss. Hier kommt es einem übrigens zugute, wenn man sich einen mentalen Werkzeugkasten an Schreibwerkzeugen zurechtgelegt hat. Oftmals sind Beulen, die perspektivisch gigantisch erscheinen, mit einem kurzen Hammerschlag wieder ausgeglichen.
5. Der Moment der Selbstzweifel wird kommen - einfach weiterschreiben

Zu guter Letzt noch eine beruhigende Erinnerung: Egal, wie gut du bist, wie viele Romane du schon geschrieben hast – höchstwahrscheinlich wird es immer, in jedem Projekt den Moment geben, wo du alles hinschmeißen möchtest. Stell dich darauf ein, dass es passiert. Das bedeutet nicht, dass du als Autorin versagst oder dergleichen, auch wenn es Stimmen gibt, die dir das einflüstern wollen. Glaub nicht alles, was du denkst. Die Phase geht vorüber. Einfach weiterschreiben.
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