5 Fragen an … Sachbuchautorin Anja Niekerken
Mit ihrer lockeren und direkten Art, die man auch salopp als Kotterschnauze bezeichnen könnte, hat sich Anja Niekerken mit ihren Schreibratgebern in der Autor:innenszene einen Namen gemacht. Ihre Schwerpunkte liegen neben dem Schreiben von Sachbüchern besonders im Autor:innen- und Buch-Marketing. Daher haben wir mit ihr über das Thema Zielgruppe gesprochen, und wie man diese erreicht.

Wie schafft man es, kein Arschloch zu sein?
Anja: Ich sehe schon, ihr seid gut vorbereitet und habt euch eines meiner Bücher geschnappt. Naja, ich sag mal so: Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass andere Menschen behandelt werden wollen, wie man selbst. Noch besser ist es natürlich, sie so zu behandeln, wie sie selbst behandelt werden wollen. Das wäre noch einen Schritt weiter. Auch mal zu gucken, hin und wieder mal nicht die Geduld zu verlieren. Das wären so die einfachsten Dinge.
Ich konnte mir das wirklich nicht verkneifen, weil mir der Titel so gut gefällt. Aber, was unsere Hörer:innen vielleicht noch mehr interessiert: Wie kamst du eigentlich zum Schreiben? So wie ich gelesen habe, ist das erst recht spät passiert.
Anja: Ja, mein erstes Buch ist 2018 im Verlag erschienen. Also vor vier Jahren. Es kommt mir selbst viel, viel länger vor. Letztendlich war es so: Ich habe mich selbstständig gemacht als Coach und Trainerin. Das war 2015 / 2016 habe dann gebloggt und einen Podcast gemacht und irgendjemand hat mir gesagt, dass mit der Akquise wird viel leichter, wenn du ein Sachbuch schreibst. Da hab ich gesagt: Jo, alles klar. Dann schreibst du ein Buch. Und die ersten zwei Bücher waren nur Blog-Artikel, die ich bereits schon geschrieben habe und die ich zusammengestöpselt habe. Ich habe das dann zunächst als Akquise-Tool genutzt. Beziehungsweise habe ich das meinen Kunden und Kundinnen als Weihnachtsgeschenk geschickt. Das ist so gut angekommen. Irgendwann hatte ich dann die Idee für ein richtiges Sachbuch. Eine Freundin, die als Schreibcoach arbeitet, hat mir gesagt: Schreib erst mal ein Exposé. Also habe ich das getan. Und sie sagte, es ist wesentlicher einfacher, erst ein Exposé zu schreiben, weil die Verlage noch einiges Mitreden. So ist es nicht so schmerzhaft.
Das Exposé habe ich zwischen 40 und 50 mal eingereicht und einer dieser Verlage hat ja gesagt und so ist es entstanden.
Dann ist auch der Doemer-Knaur-Verlag auf einen Blog-Artikel gestoßen. Der hieß auch: "Von der Kunst kein Arschloch zu sein." Und so nahm das dann alles seinen Lauf.
Inzwischen sind es über 10 Bücher und so ist das passiert.
Du hast ja als Coach und Trainerin gearbeitet und jetzt viel geschrieben. Wo liegt denn jetzt dein professioneller Schwerpunkt?
Anja: Also mein professioneller Schwerpunkt liegt auf dem Schreiben. Ich habe ungefähr 2/3 meines Einkommens kriege ich mit dem Schreiben zusammen. Also da gehören nicht nur die Bücher dazu, denn – das wisst ihr bestimmt auch – Sachbuchautor:innen verdienen mit ihren Büchern jetzt nicht ganz so viel Geld wie Belletristiker:innen.
Ich habe schon 5-stellige Auflagen. Ich bin mit "Der Kunst kein Arschloch zu sein" auch ganz knapp an der Spiegel-Bestseller-Liste vorbeigeschrappt – das ärgert mich noch heute.
Ich schreibe auch Artikel, Zeitungsartikel und was für andere Leute (aber ich bin keine Ghostwritern). Ich schreibe für den Verlag und auch im Selfpublishing für Autor:innen.
Wie bist du dazu gekommen, doch deine Zielgruppe auf Autoren und Autorinnen auszuweiten?
Anja: Das war wirklich Corona. Weil 2020 ein ganz großer Teil meines Einkommens weggebrochen sind, obwohl in dem Jahr zwei meiner Bücher herausgekommen sind. Aber die Vorschüsse sind ja schon im Jahr davor gefallen. Da ich aber immer wieder gefragt worden bin, wie hast du das geschafft mit dem Sachbuch-Schreiben. So ist das entstanden, dass ich mal schnell ein Buch "Von der Idee zu Sachbuch" geschrieben habe. Im April war ich noch in Schockstarre. Im Mai habe ich das Buch geschrieben und das ist im Juni herausgekommen. Dann habe ich dazu noch schnell einen Kurs gemacht, der ist im September rausgekommen und so konnte ich das Jahr retten – für mich.
Da sind wir ja schon beim Thema: Warum braucht man als Autorin oder Autor eine Zielgruppe? Warum können wir nicht einfach schreiben?
Anja: Ich sag mal, das kann man. Als Sachbuchautor oder -autorin ist es noch wichtiger. Du schreibst ja ein Sachbuch immer auf eine Frage hin. Die richtig guten Sachbücher sind ja nur eine Antwort auf eine richtig gute Frage. Und eine bestimmte Zielgruppe hat ja nur eine bestimmte Frage. Wenn du weiter gehst und in die Belletristik guckst. Da kannst du natürlich erst mal deine Geschichte schreiben. Aber in dem Moment, wo du ein Exposé schreibst, musst du dem Verlag sagen, in welchem Genre du schreibst und in welcher Zielgruppe. Das ist ein Unterschied. Du kannst ja ein und dasselbe Thema einmal für Kinder, Jugendliche oder Erwachsene schreiben. Da hast du ja schon eine ganz andere Tonalität.